von Barbara Hofmann-Huber am 22. Juni 2002
Zwischen 1965 und 1975 geboren, sind die Frauen der „Generation Ally“ an einem Wendepunkt in ihrem Lebensentwurf angekommen. Was hinter ihnen liegt, das zeichnet Katja Kullmann in einem als Autobiographie getarntem Sachbuch mit Witz und Selbstironie nach. Sie schildert vor allem das Innenleben, die Werte, die persönliche Perspektive einer Generation, die sich selbst nicht als solche sehen will. Denn es ist die erste Frauengeneration, die den Weg der individuellen, beruflichen und privaten Freiheit selbst auskosten konnte und kann. Viele strukturelle Hindernisse und Regelungen, sowie einschränkender Frauenbilder hatte deren Müttergeneration, die „Frauenbewegten“ aus dem Weg geräumt. Die „Töchter“ nahmen diese freie Bahn der Selbstentfaltung für ihr selbstverständliches und persönliches Verdienst. Bereit viel und engagiert zu arbeiten, eroberten sie sich einen Platz in der Wirtschaft und Kultur. Sie veränderten dadurch vieles und stoßen jetzt an die Grenze der „individuellen Freiheit“: Will ich die? Will ich eine Beziehung die langfristig ist? Will ich Kinder? Wie geht das mit Beruf und Karriere zusammen? Die Frauen der „Generation Ally“ stoßen an die Grenze der geebneten Wege. Die Straße geht nicht weiter, weil die Muttergeneration auch in ihren Bemühungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie „versandet“ ist. Zwar gibt es viel Ideen und viele individuelle Entwürfe zur Vereinbarkeit von Beruf und Familienarbeit, doch noch werden sie fast ausschließlich von Frauen diskutiert und umgesetzt. Von Männern nur insoweit, als Frauen dabei geholfen werden sollte, durch Frauenfördermaßnahmen. Der frauenbewegten „Müttergeneration“ ist es nicht gelungen die Verantwortung für die Hausarbeit und die Kindererziehung zur Hälfte auf die Schultern der Männer zu verteilen.
Die Generation Ally hat sich die Hälfte der Verantwortung für Beruf und Karriere von den Männern erobert. Sich jedoch die ganze Verantwortung für die Kinder auch noch aufzuladen, das erleben sie zurecht als Überforderung und schrecken ganz individuell davor zurück. Die Frauen der „Generation Ally“ sind zu bewusst, um in die „Kinderfalle“ zu tappen. Sie sehen, dass alte Strukturen die entlasten könnten zerbrochen sind: die Mobiliät hat die mögliche Großmutter, die Entlastung bieten könnte, nicht nur in einer entfernten Stadt zurück gelassen, sondern keine neuen Strukturen geschaffen, denen diese Frauen als Entlastung vertrauen können. Wenn die Frauen der „Generation Ally“ etwas machen, dann perfekt. Und wie sollen die Vereinbarung von Beruf und Familie perfekt sein, wenn weiterhin allein Frauen dafür verantwortlich gemacht werden Lösungen zu finden?
Es kann für die Gesellschaft eine Chance sein, die Wünsche dieser Frauengeneration nach gleicher Verteilung der Verantwortung für die Familienarbeit ernst zu nehmen. Voraussetzung ist, dass die Frauen selbst sich ernst nehmen, sowohl mit ihren Wünschen nach Familie, als auch mit ihren Grenzen der Alleinverantwortung. Wenn sie sich wertschätzten, so können sie mit der gleichen Selbstverständlichkeit von ihren Partner die Hälfte der Verantwortung fordern, wie anspruchsvolle Jobs von Chefinnen und Chef. Die Gesellschaft will Kinder und dies ist eine gute Bedingung für Innovation, für neue Väter und Mutter und für eine Struktur an Betreuungsmöglichkeiten, die den beiden jungen Eltern die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere ermöglicht.
Frau Katja Kullmann ist ein sehr gutes Buch gelungen. Ich wünsche ihr und ihrer Generation, dass es ernst genommen und als ein Aufruf zur Suche nach neuen Verantwortungsverteilungen zwischen Frauen und Männern verstanden wird.
Eichborn 2002
ISBN 382183918X